Das Krönungs- oder Liebfrauenstift Aachen hatte in alter Zeit in Kesselheim einen Hof, der wegen seiner umfangreichen Güterbesitzungen, besonders aber der ausgedehnten zugehörigen Vorrechte wegen maßgeblichen Einfluß auf die Geschichte des Dorfes erhielt. Ja, in den ältesten Zeiten des Ortes Kesselheim sind die Urkunden über den Aachener Hof fast die einzigen Quellen, die uns auch über die Ortsgeschichte künden. Die folgende Abhandlung will diese alten Urkunden noch einmal reden lassen und damit über die spärlichen, heute noch kreisenden Erinnerungen hinaus ein Bild der Geschichte und Bedeutung des Aachener Hofes geben:

Im Jahre 1174 wird in einer Streitigkeit zwischen dem Stift Aachen und seinem Probst, die Kaiser Friedrich Barbarossa schlichtet, zum ersten Male ein Hof in Kesselheim als Besitz der Herren von Aachen erwähnt. Zu diesem Hof gehören damals auch Güter in Winningen. Eine spätere Urkunde zeigt uns, daß dieses Hofgut der Herren von Aachen in Kesselheim noch wesentlich älter ist: Im Jahre 1226 bestätigt Kaiser Friedrich II. dem Stift Aachen die Schenkungen all seiner Vorgänger. Dabei wird auch der Besitz in Kesselheim aufgezählt mit dem Zehnten und allen den Rechten, mit denen der König Zwendebold von Lothringen (895-900) ihn dem Stift gegeben hatte. Somit wäre der Hof über 1000 Jahre alt, und wir dürften vielleicht annehmen, daß wir in ihm ein altes fränkisches Königsgut vor uns haben. In weiteren Urkunden aus den Jahren 1229, 1236/37 und 1276 wird der Hof erwähnt. Sie erzählen von Verpachtung der Güter, Besetzung der Vogtei, geben aber noch kein genaueres Bild über den Umfang des Besitzes und der zugehörigen Recte. Erst ein lateinisches Weistum des Jahres 1350 gibt uns Aufschluß darüber. Darin heißt es nämlich:

1. Die Herren von Aachen haben in Kesselheim einen Hof.

2. Sie haben dort ein Schöffengericht und Schöffen, die von den Herren von Aachen bestellt und abgesetzt werden.

3. Es ist dort ein Erbvogt

4. Dieser Vogt ist verpflichtet; jährlich zu von ihm festgesetzten Zeiten 3 Gerichtstage auf der Hofstatt der Herren abzuhalten.

5. Das Stift hat in Kesselheim den gesamten großen und kleinen Zehnten, den Weinzehnten ganz, den Feldzehnten zur Hälfte, die andere Hälfte steht dem dortigen mit dem Amt bekleideten Pfarrer zu.

Desgleichen hat das Stift Aachen den Zehnten von der Rheinfischerei.

6. Desgleichen hat es von allen Gütern und Besitzungen des gabzen Hofes und der Pfarrei Kurmut, d. h. bei Sterbfall eines Mannes Anspruch auf das beste Pferd, Zugtier oder Stück Vieh, bei Tod einer Frau das beste Kleid.

7. Das Stift und die Herren besitzen 5 1/2 Tagwerk Wingerte und ungefähr 80 Tägwerk bebauten Acker.

Diese Bestimmungen lassen klar erkennen, wie weitgehend der Einfluß der Aachener Herren die Geschicke des Ortes Kesselheim bestimmt haben muß. Ubrigens ist uns auch das alte Siegel des oben erwähnten Schöffengerichtes erhalten und zwar in zwei Stücken aus den Jahren 1461 und 1506. Es zeigt links die hl. Maria mit dem Kind, rechts Kaiser Karl mit Krone und Zepter und der Aachener Marienkirche in der Hand. Auch hier also wieder ein Hinweis auf die Beziehungen des Liebfrauenstiftes Aachen zu Kesselheim.