Schießleute

Die Schießleute

Schießleute, was ist das denn?

Bericht einer „Neuen“ (Sonja Keßler):

Letzten Sommer wurde ich nach Kesselheim importiert, da sich kein richtiges Kesselheimer Schießmädchen hatte finden lassen..

Und weil meine Mama ja bekanntlich aus Kesselheim stammt, wurde ich eben gefragt ob ich nicht Lust hätte mitzumachen.

Schon lange vor Kirmes stand das erste Treffen an, bei dem

ich die anderen Schießleute kennen lernte. Den bunt zusammengewürfeltem Haufen nennt man Schießleute, da diese Leute an Kirmes neben repräsentativen Aufgaben die Hauptaufgabe haben, mit den Böllern zu schießen.

Nun konnte also die Kirmesvorbereitung starten:

Eierkrone bauen, falsch, erst mal eine Idee haben, was denn da an den Baum rann soll.

Es muss nicht unbedingt ne Krone aus Eiern am Kirmesbaum hängen – Es kann auch was anderes sein. (Mein Cholesterinspiegel dankt!)

Aber der Tradition nach ist es eine Eierkrone, und die muss von den Schießleuten gebaut werden.

Diese Eierkrone zu bauen ist die beste Vorbereitung auf Kirmes. Dabei kann man nämlich schon mal den Geschmack von Bier testen. Dadurch kommen dann auch die kreativen Gedanken zum Motto unter dem die Eierkrone steht.

Ok, Krone fertig, Motto ausgedacht, Kirmes kann kommen – Denkste!

Schießleute brauchen noch ne Fahne. Und auf die muss immer gut aufgepasst werden, denn wenn sie geklaut wird, kanndas ganz schön teuer werden, die wieder auszulösen. Und Langfinger, die nur darauf warten, dass einer der Schießleute etwas verliert, was dann gegen viel Bier wieder ausgelöst werden muss, gibt es viele!

Die Fahne muss natürlich auch gemalt werden – und gegen Fahnendiebe gesichert werden. Das darf natürlich nicht allzu offensichtlich sein… schließlich wollen wir ja das blöde Gesicht von dem sehen, der es versucht und in die Falle tappt.

Ok, Krone fertig, Motto ausgedacht, Fahne gemalt, Kirmes kann kommen – Nein, immer noch nicht richtig.

Es fehlt noch die Schlafunterkunft, dem Handwagen für die Böller muss noch eine weitere Lage Farbe verpasst werden, einheitliche T-Shirts sehen nett aus…

Außerdem müssen ja noch die Zeitungen verteilt und die Fähnchen verkauft werden. Und die Plakate für die Kirmes hängen sich auch nciht von alleine in den Nachbargemeinden auf!

Wenn das alles gemacht, besorgt und organisiert ist, dann kann Kirmes kommen. Allerdings startet die nicht erst Freitags abends. Mittwochs kommen schon die ersten Getränkewagen, die mit vereinten Kräften auf der Wiese neben dem Kirmesplatz hin und her geschoben werden müssen, bis es Christophs kritischem Auge genügt. Die Schießleute helfen natürlich auch das Zelt aufbauen, das Donnerstags angeliefert wird. Ich kann wirklich nur empfehlen da mal mitzumachen… da lernt man neue Wörter oder wissen Sie, was „undahbauen“ heißt? Ich jetzt schon.

Die Kirmes beginnt

Freitags geht’s dann richtig los mit der Kirmes. Für Schießleute normalerweise mit Theken- und Abräumdienst im Festzelt.

Um 0 Uhr heißt es dann: Umziehen. Für die Kirmes fein machen. Also Blaumann an und feiern bis zum nächsten Morgen.

Nach einer mehr oder weniger kurzen Nacht heißt es dann Kirmesbaum hohlen. Bzr leider liegt der noch im Wald….

Erst mal im Stammrestaurant mit dem großen M frühstücken und los geht’s, ab in den Wald. Dort wird dann der Baum, der schon am Vortag ausgesucht und gefällt wurde, verladen und mit Polizeieskorte nach Kesselheim geschleppt. In Kesselheim wird der Baum dann vor der Kirche aufgestellt und die Krone präsentiert und angebracht. Das kann schonmal bis 15 Uhr dauern.

Die nun folgenden Tage nutzen die Schießleute dafür, den Ruf zu zerstören, für den die KG das ganze Jahr arbeitet. Und das geht so:

Bier trinken, die Schießleutefahne bewachen, Schmuck für den Strohhut an der Schießbude schießen und mit den Böllern so viel Krach wie möglich machen.

Immer dabei ist der Hannes, eine Strohpuppe die aussieht wie einer von uns. Außerdem muss sich jeder der Schießleute noch ein Maskottchen an der Schießbude schießen, auf das mindestens genauso gut aufgepasst werden muss wie auf Hut, Button und Fahne – denn wenn man nicht richtig angezogen ist, wirds teuer, und dazu gehören nun mal Blaumann, Hut, Button und Maskottchen. „Teuer werden“, bedeutet eine Quittung bekommen, die gibt’s immer wenn man was „falsch“ gemacht hat.

Zwischendurch muss der Fähnrich noch mal mit der echten KG-Fahne in die Kirche, die Straße wird gesperrt um etwas Kirmeszoll einzutreiben, Bier muss vernichtet werden und die Böller müssen ständig von einem Schießplatz zum anderen gezogen werden.

Das geselligste Ereignis der Kirmes ist eigentlich immer der Weckzug, Sonntags morgens um 6 Uhr. Da machen sich alle, die Samstags abends irgendwie das Heimgehen vergessen haben – und somit Sonntags morgens noch da sind – auf den Weg, um die Kesselheimer mit weniger Ausdauer zu wecken und wieder auf den Kirmesplatz zu rufen.

Wie viele Tage das so geht, das weiß am Ende irgendwie keiner der Schießleute mehr.

Dass bald das schöne Leben auf der Kirmes vorbei ist, das merken die Schießleute erst, wenn Kinderbelustigung ansteht. Also schnell ein paar Mohrenköpfe, etwas Senf und sonstigen Kleinkram besorgt und bei den Fahrgeschäften ein paar Chips für die Kinder gekauft.

Tja, dann geht’s ab in den Kindergarten und die Grundschule. Während man im Kindergarten noch mit den Kindern in der Kuschelecke ein Mittagsschläfchen halten kann, muss man in der Schule aufpassen, dass man nicht total gerupft wird.

Montags Nachmittags steht man dann da, umringt von fast allen Kesselheimer Kindern, auf nem Anhänger, und testet mal aus, was Kinder alles so machen um nen Chip für eines der Fahrgeschäfte zu bekommen.

Abends ist es dann leider schon wieder vorbei, die Kirmesbeerdigung steht an, bei der der Hannes verbrannt wird.

Nun muss man wieder ins normale Leben zurück: Mindestens dreimal duschen, um den Kirmesmief den die Schießleute immer um sich herum haben loszuwerden, den Blaumann in die Ecke stellen, für Maskottchen, Button und Hut einen ehrenvollen Platz finden und sich aufs nächste Jahr freuen.

Stopp, fast hätte ich’s vergessen: der Kirmesplatz muss natürlich auch noch zurück in seinen Ursprungszustand verwandelt werden. Meistens nimmt das den ganzen Dienstag in Anspruch, aber danach darf man sich dann wirklich ausruhen und auf das nächste Jahr freuen.

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