Rhein-Zeitung vom 31.10.2001

"Koblenzer OB müsste Recht und Gesetz
 kennen und beachten"

Offener Brief des Niederwerther Ortsbürgermeisters zum Zementmahlwerk im Kesselheimer Rheinhafen - Rechtliche Bedenken angemeldet

NIEDERWERTH/KOBLENZ. Die Niederwerther bangen um ihre Lebensqualität, wenn das in bedrohlicher Nähe liegende Zementmahlwerk in Koblenz- Kesselheim seinen Betrieb aufnimmt. In einem offenen Brief zweifelt Ortsbürgermeister Alfons Klöckner an der Rechtsauffassung über Baugenehmigungsverfahren des Koblenzer Oberbürgermeisters Eberhard Schulte- Wissermann. "Gerade er als Jurist müsste Recht und Gesetz kennen und auch beachten", so Klöckner. Mit einem zweifelhaften Genehmigungsverfahren werden, so Klöckner weiter, die Interessen der Bürger aus Kesselheim, von Niederwerth und Weitersburg eklatant missachtet, ja sogar die seit Jahrzehnten angesiedelte Großindustrie Corus und deren Zulieferfirmen mit etwa 2000 Arbeitsplätzen gefährdet und aufs Spiel gesetzt. "Ist er tatsächlich bereit, für zehn in Aussicht gestellte Arbeitsplätze 2000 dagegen zu opfern?", fragt Klöckner.

Der Inselortschef listet die wesentlichen Fakten des sonderbaren Genehmigungsverfahrens auf: Die Baugenehmigung wurde nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (vereinfachtes Verfahren) erteilt. Dies sei rechtlich bedenklich. Mit den Bauarbeiten wurde bereits begonnen, als noch keine Baugenehmigung vorlag. Auch die baurechtlichen Vorgaben für eine Genehmigung dieses Bauwerks in diesem Gebiet seien fraglich. Ob aus dem derzeit gültigen Bebauungsplan "Hafen" der Bau einer Industrieanlage (Zementmahlwerk) abgeleitet werden kann, wird in einem Normenkontrollverfahren geklärt werden müssen, fordert Klöckner. Das Umweltverträglichkeitsgutachten, das zum Bauantrag gehört und auch vorliegt, beruhe auf falschen Gegebenheiten. Laut diesem Gutachten können bei Störungen und Wartungsarbeiten auch kurzfristig erheblich höhere Staubkonzentrationen auftreten.

Die Immissionsbelastungen führen, so Klöckner, dazu, dass ein bevorzugtes Neubaugebiet in Niederwerth durch Lärm und Staub in seiner Wohnqualität erheblich gemindert werde. Eine weitere geplante Wohnbebauung in nord- westlicher Richtung auf der Insel werde fraglich, obwohl dieses Gebiet für Niederwerth die einzige Ausdehnungsmöglichkeit biete.

Ein weiteres Indiz für die nicht rechtmäßige Baugenehmigung stelle die Tatsache dar, dass ein Baukörper auf einer als öffentliche Straße gewidmeten Fläche gebaut wurde. Auch hier soll der Stadtrat im Nachhinein den rechtswidrigen Zustand durch Entwidmung heilen.

Das Zementmahlwerk stelle keine Bereicherung für eine angestrebte Bundesgartenschau in Koblenz dar. Die einmalige Lage mit dem Zusammenfluss von Rhein und Mosel, der Mittelgebirgslandschaft und der begünstigten Flusslandschaft mit den Inseln Nieder- und Graswerth bieten ideale Voraussetzungen für eine Bundesgartenschau und eine Aufnahme (Unterschutzstellung) ins Weltkulturerbe "Mittelrhein".

Klöckner stellt die Frage: Möchte die Stadt Koblenz mit ihrer kurzsichtigen Denkweise dies alles sowie die Lebensqualität der Region aufs Spiel setzen?

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