Rhein-Zeitung vom 19.10.2001

Fehlt der Stadt Koblenz das "industrielle Bewusstsein"?

Betriebsrat und IG Metall kritisieren Zementwerk- Skandal - Proteste bis nach Mainz angekündigt - "Es geht um unsere Arbeitsplätze"

KOBLENZ. "Wenn es sein muss, werden wir mit allen 1250 Mitarbeitern und deren Familien den Weg über die Koblenzer Ratsmitglieder bis nach Mainz zum Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister suchen, um unseren Standpunkt deutlich zu machen. Es geht um unsere Arbeitsplätze!"

Bernd Feuerpeil, Betriebsratsvorsitzender und Aufsichtsratsmitglied von Corus Aluminium, lässt an Haltung und Kampfgeist der Belegschaft keinen Zweifel. Die Bedrohung durch das Zementmahlwerk in unmittelbarer Nachbarschaft zur Aluschmiede, bewegt, beunruhigt, verängstigt die 1250 Corus- Mitarbeiter: "Uns war eigentlich immer an einer guten und offenen Zusammenarbeit mit der Stadt und dem OB gelegen. Aber die Art und Weise wie die Stadt hier vorgegangen ist und uns eben nicht frühzeitig informiert hat, ist weit entfernt von unserem üblichen gegenseitigen Verhalten. Daher bin ich auch persönlich sehr enttäuscht", macht der Arbeitnehmervertreter seinen Standpunkt deutlich.

Völlig unverständlich auch aus seiner Sicht, dass offenbar die Gefahr unterschätzt werde, durch Qualitätsverlust des High- Tech- Produktes Aluminium Kunden und damit letztlich die Arbeitsplätze zu verlieren. Feuerpeil: "Wir haben diesen Standort mit heute 1250 Mitarbeitern, an dem durch erhebliche Investitionen mit hoch qualifizierten Mitarbeitern hoch qualitatives Material hergestellt wird, nicht aufgebaut und weiterentwickelt, um uns diesen durch ein Zementwerk kaputtmachen zu lassen, dessen Wirtschaftlichkeit in Frage zu stellen ist, denn Überkapazitäten sind bekannt."

Unterstützung findet die Belegschaft auch bei der IG Metall Koblenz: "Die Stadtverwaltung und der Stadtrat sollten die Aktionsfähigkeit der Menschen nicht unterschätzen, die für ihre Arbeitsplätze kämpfen werden", warnt Erster Bevollmächtigter Reiner Göbel und fordert die Einberufung eines runden Tisches.

Die IG Metall sorgt sich auch um weitere Auswirkungen: Sie fürchtet um den Ruf des Wirtschaftsstandortes Koblenz: "Auch die anderen Industriebetriebe wie TRW mit 2000 oder Stabilus mit 1900 Beschäftigten gehören zu weltweit operierenden Konzerngesellschaften, die weitere Investitionsentscheidungen vom ,industriellen Bewusstsein` der Region abhängig machen." (bur)

 

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