Rhein-Zeitung vom 09.10.2001

Sondersitzung war "für die Katz`"
Mehrheit des Rates sah keine Dringlichkeit - Straßenentwidmung auf der Tagesordnung,
das Zementmahlwerk im Blick

Das hat es auch noch nicht gegeben: Da wird der Koblenzer Rat zu einer Sondersitzung in den Herbstferien zusammengetrommelt - doch für die Notwendigkeit der Dringlichkeit gab es keine Mehrheit! Dabei ging es auf den ersten Blick "nur" um eine Straßenentwidmung - in Wirklichkeit aber stand das umstrittene Zementmahlwerk im Mittelpunkt. Nach 67 Minuten war alles für die Katz`!

 Von Gerd Michiels

KOBLENZ. "Ich komme wieder auf Sie zu!" Fast trotzig sagte es gestern Abend OB Eberhard Schulte- Wissermann. Soeben hatte der Rat mit CDU-Mehrheit - gegen die Stimmen der SPD und von Rolf Jahner sowie bei Enthaltung der Bündnisgrünen - entschieden, dass es trotz der förmlichen Anweisung durch die Struktur- und Genehmigungsbehörde Nord diesmal nichts zu entscheiden gab. "Wenn wir heute zustimmen", so CDU-Ratsmitglied Eckart Fischer, "dann gibt es keinen Weg mehr zurück"! Und damit meinte er die endgültige Baugenehmigung für das Zementmahlwerk in Kesselheim. Die CDU, und das stellte Fraktionsvorsitzender Michael Hörter klar, will nach wie vor erst ein Gutachten abwarten, das der Antragsteller in Auftrag gegeben hat. Und sie hofft, dass der OB bei der SGD Nord und beim Ministerium vor allem die Bedenken von Corus gegen das Mahlwerk zur Sprache bringt (siehe Extra- Bericht). "Das ist doch alles schon geschehen. Die SGD Nord hat uns als immissionsrechtliche Fachaufsichtsbehörde und unter Kenntnis der Corus- Einwände förmlich angewiesen, unverzüglich die Genehmigung für das Vorhaben der CCC, sprich das Zementmahlwerk, zu erteilen", konterte der OB. "Und sie hält auch das Gutachten für überflüssig." Wie geht es jetzt weiter? Der Tagesordnungspunkt wird vermutlich erst wieder in der nächsten regulären Sitzung auftauchen . . .

Die SPD-Sprecher Gerd Lehmkühler ("Wenn es 6 bis 7 Monate dauert, um einen Wendehammer zu entwidmen, bleibt ein unangenehmer Beigeschmack") und Walter Schneider machten deutlich, dass es "hier und heute" nur um die Entwidmung eines Straßenstücks geht, das zum Teil bereits bebaut ist. "Die Verwaltung hätte mehr mit dem Bürger korrespondieren müssen", meinte Hans- Peter Ackermann, Fraktionschef der Bündnisgrünen. "Wie kommen wir aus der Sackgasse heraus? Uns drohen Klagen von allen Seiten". Auch der OB hatte darauf hingewiesen, dass der Klageweg offen steht. "Bisher ist aber alles mit rechten Dingen zugegangen. Darauf lege ich wert!" Jahner wurde ob des Corus- Schreibens mulmig in der Magengegend. Er schlug vor, "eine Hülle oder sonstiges technisches Gerät aufzufahren, um das Zementwerk staubfrei zu fahren".

Übrigens: Von 56 Ratsmitgliedern waren wegen der Ferien nur 34 anwesend.

 

Direkt hinter dem Zementmahlwerk im Koblenzer
 Rheinhafen (markierter Bereich) befindet sich das Unternehmen
Corus Aluminium (Hintergrund). Foto: Herbert Scholz

 

Im Detail
34 der Gemeindeordnung

Dringlichkeit im Sinne des 34 Gemeindeordnung ist dann gegeben, wenn die Entscheidung nicht ohne Nachteil für die Stadt aufgeschoben werden kann. Die Firma CCC hat nach eigenen Angaben täglich Ausfallkosten in Höhe von 20 000 Mark. Da die gesetzliche Prüfungspflicht schon zweimal verlängert worden ist, besteht die Genehmigungsbehörde auf einer zügigen Abwicklung, zumal der Rat bereits am 27. September hätte entscheiden können. Aus haftungsrechtlichen Gründen sei es daher nicht vertretbar, bis zum 8. November (nächste reguläre Ratssitzung) zu warten.

 

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