Alte Flurnamen

Quelle: Festschrift 1000 Jahre Kesselheim, 1966

Flurnamen sind altes Sprach- und Kulturgut. Ständigem Wandel unterworfen verändern sie sich wie die Sprache und wie die Gemarkung, der sie anhaften. Sie schwinden im Laufe der Zeit und im Wechsel von Wirtschaftsformen.

Weite Teile der Kesselheimer Flur haben mit der begonnenen Industrialisierung ihr Gesicht geändert. Es ist wahrscheinlich, daß damit eine Reihe von alten Flurnamen in Gefahr ist, bald vergessen zu werden. Deshalb sollen wenigstens einige, vor allem aus dem neuen Industriegebiet, hier festhalten werden. Vielleicht hilft das, sich ihrer ab und zu zu erinnern und sie nicht so bald und ganz in Vergessenheit geraten zu lassen.

Im Biegen – mundartlich: om Beje –

Ein sehr alter Name. 1514 lautet er ,,in der byggen“, 1690 ,,weingarthen aufm beegen“, 1710 ,,auffm Biegen“, 1790 ,,auf dem Biegenufer“. 1-leute im Gelände des neuen Hafens.

Am Wallersheimer Weg

Der älteste Beleg für diesen Flurnamen stammt aus dem Jahre 1354. Damals heißt er ,,an der walersheimer gassen“; 1461 ,,zwischen dem walhersheimer und Couelentzer wege“; 1663 ,,am Warscheimer Weeg“; 1773 ,,an dem Warscheimer Weg“. Der alte Wallersheimer Weg ist nach der Anlage des Hafens bereits verschwunden.

Am Koblenzer Weg

Der frühere Koblenzer Weg führte durch das heutige Fabrikgelände von ,,Kaiser“ direkt auf das Anwesen Hasenbach und die Bahnlinie zu. 1514 heißt die Bezeichnung ,,am Cohlentzer wege“; 1773 ,,am Cobelentzer wehg“.

An der Rest

Am alten Kohlenzer Weg stand als Gemarkungsgrenze gegen Wallersheim ein sitzhoher Grenzstein, auf dem man ,,resten“ konnte. Die Felder in der Nähe dieses Grenzsteins trugen die mundartliche Bezeichnung ,,an der Rest“.

An Bastursch Kaul

Wer wird den Namen noch kennen? Er bezeichnete die Felder in der Spitze zwischen dem Koblenzer und Hohen Weg. Ursprünglich war dort eine Kaule. Kirchenland, das der Pfarrei (,,dem Bastur“) gehörte.

Am hohen Weg

Einst ein Verbindungsweg zwischen dem ,,Graben“ und ,,Koblenzer Weg“. 1710 ,,auffm Stein zwischen Coblentzer und hohem Weg; 1773 stoßt auf den hohen Weg.

Kimmelsheck

Der erste Beleg für diesen alten Flurnamen findet sich 1663: ,,auff den stein, stoßt auf Kommelsheck“; 1710: ,,In Kümmels Hecken langs der Warscheimer fohr“; 1773 in Kümmels Hecken. — Vielleicht ist dieser Name der stichhaltigste Anhaltspunkt für die von Museumsdirektor Günther hier vermutete römische Verbindungsstraße zwischen den kleinen Rheinkastellen unterhalb von Koblenz. (Kimmel abgeleitet vom mittellateinischen caminum, französisch chemin Bezeichnung für römische Straßen).

Am Kanal (mundartlich: ,,em Grawe“)

1792 ,,ein Stück landt, welches im Churfürstlichen kraben gelegen“; 1830 ,.im Canal unterm Schloßweg“.

Vom Schloß Schönbornslust führte ursprünglich ein Graben zum Rhein. Früher erzählte man, der Kurfürst von Trier habe dort einen Kanal anlegen lassen, um mit seiner Jacht bis Schönbornslust fahren zu können. Diesem Zweck kann der Kanal aber nicht gedient haben. 1764 findet sich in den Akten über Schönbornslust eine ,,Copia des Carnal Krabens Von schönbornslust bis an den rein“. Es geht daraus hervor, daß es sich um einen ,,abfürungsgraben“ handelte. Später, als der Kanal nicht mehr seinem eigentlichen Zweck diente, führte ein Hohlweg durch den Graben. Mit der Zeit wurde dieser eingeebnet.

Auf der Geek

Die ausgedehnten Kirschbaumanlagen ,,auf der Geek“ sind der wachsenden Industrialisierung gewichen. Baumlos liegt das Gelände z. T. brach und wartet auf seine industrielle Bebauung. Ob der Name erhalten bleibt?

1710 heißt das Gebiet ,,auff der gicken“; 1792 ,,auf der gigen‘. Flurnamenforscher leiten den Namen vom mittelhochdeutschen Wort ,,jiuch‘ = Joch Landes“ ab.

Im Wäldchen

1734 wird ein Acker ,,langs daß Wältgen“ erwähnt. Das Wäldchen lag bei dem Hof Mergenfeld, den der Kurfürst von Trier 1734 erwarb. In den Kaufakten wird hingewiesen auf ,,die angenehme Situation des Hofs, als worzu das hart dabey gelegene Wäldgen nit wenig contribuiert“ (beiträgt). In dem Wäldchen wurde dann ein Fasanengarten angelegt. Später diente es nach besonderer Herrichtung als Park des Schlosses Schönbornslust. —Ein Rest ist heute noch als Park des Klosters Maria Trost erhalten.

En der Mösch

Vielleicht ist dieser Name, für den wir bereits einen Beleg aus dem Jahre 1629 haben, schon aus der Erinnerung geschwunden? Er bezeichnete einen kleinen Flurteil am Koblenzer Weg in der Nähe der Hintermark.

1629: ,,auff der muschen genent, ist vorzeiten weingart gewesen, itzund gegraben landt“; 1719: ,,in der Müschen“; 1773: ,,in der Mösch“.

Am Marienfelders Garten (mundartlich: Meifellersch Garde)

1710: An Marienfelder acker; 1830: Im Marienfelder Garten. Gelände im Bereich des ehemaligen Mergenfelder Hofes. Vielleicht weist dieser Flurname auf das in der Urkunde Ottos I. erwähnte Nonnenkloster ,,kescelenheim hin. Nach dem Urkundenbuch von G. Beyer (Koblenz 1860) lag dieses ,,unter Coblenz, wo später das Schloß Schönbornslust erstand“.

In der Gief

Wer kennt wohl noch diesen Flurnamen? Er bezeichnete ein Gebiet am Koblenzer Weg. 1710 ist er das erstemal zu finden: ,,an der guben über den Coblenzer Weg“; 1761: ,,auf der Guhen, ihn Kesselheimer, Wallersheimer und Neuendorfer Marcken“.

Em Remisje

1773: ,,am garden die remis“.

Als mundartliche Bezeichnung für ein Flurstück in der Nähe des ehemaligen Hofes Mergenfeld bzw. des Schlosses Schönbornslust erhalten. Mundartlich bedeutete ,,Remisje“ soviel wie Schuppen. (französisch: la remise = der Wagenschuppen).

An der Fooskaul

Ein sehr alter Flurname. 1354 heißt er: ,,ul der voyshole“; 1461: ,,uff der foiß Hoylen“; 1629: ,,ahn der fuchs holen“; 1710: ,,an der Foß Kaulen“. – Sicher ein Hinweis, daß das Gelände dort früher reich an Fuchsbauten war.

Kleestück

Der Name weist auf die ursprüngliche Nutzung der Grundstücke hin. 1710 heißt er: am Dorf hinter dem Kleestöck; 1830: hinter dem Kleestück am Bubenheimer Weg.

Im Bierbrauer

Sicher ein eigenartiger Name! 1710: auff dem Bierbrauer; 1773: auf dem Bierbrauerth.

1750 stirbt ein J. Minsell (Münzel), Koblenzer Bürger und Gastwirt auf dem Hof Marienfeld (Sterberegister Kesselheim). Ob der Flurname vielleicht auf ein dem Hof gehöriges Braurecht hinweist?

Rennmorgen

1710: Im Rennmorgen.

Das Flurstück liegt an der Gemarkungsgrenze gegen Wallersheim (im heutigen Fabrikgelände Kaiser). Ursprünglich vermutlich ,,Rennweg – Morgen“. Damit wäre ein weiterer Hinweis auf die in der Nähe vermutete Römerstraße (s. Kimmelsheck) gegeben.

In der Wiese

1514: ,,In der Wyßen ahn den Steinen“; 1773: ,,in der Wiese unter dem Bubenheimer Weg. Möglich, daß dort früher einmal Wiesen waren. Später fruchtbares Ackerland.

Kesselheim hat schon 1787 nur noch die Wiesen am Rhein. In der alten Amtsbeschreibung heißt es: ,,Der orth hat keine andere Wiesen als die oben dem orth bis an die Wallersheimer und unten bis an die Sebastian-Engerscher Gemarkung sich erstreckende“.

Of der Liehr

Der Name ist schon 1514 belegt: ,,unter der Lehre; 1663: ,,auf der liehr“; 1773: ,,auf der Lühr“. – Er wird abgeleitet vom althochdt. Wort lari = leer, unbebaut, brachliegend. Das Gelände war früher Ödland.

Auf der Viehtrifft

1710: ,,In der Viehtrifft“, 1773: ,,in der Fieh Drieb“. Sicher war früher hier die Viehweide. 1710 aber scheint der Flurteil diesem Zweck schon nicht mehr zu dienen. Im Kesselheimer Grund- und Extraktbuch von 1710 finden wir den Hinweis:     daß außer den wenigen wießen dahier keine andere gemeine weydt ist“. Die Amtsbeschreibungen von 1768 sagen folgendes: ,,Waidstrich ist keiner vorhanden, außer nach der Ernd auf die Stoppel, und wenn Gromet gemacht auf den Wiesen“.

Im Bremmacker (mundartlich: Brämelacker)

1710 heißt der Flurname: in dem Brehmen acker; 1792: der Bremen acker. Der Name soll vom mittelhochdeutschen Wort ,,brami“ = Dornstrauch Brombeergestrüpp herkommen. Brombeere heißt in Kesselheimer Mundart ,,Brämel“.

Am Kreuzchen

Schon 1514 finden wir diesen Namen. Er heißt damals: ,,bey dem Kreutz am Bobenheimer Wege. Vielleicht haben wir darin einen Hinweis auf ein in früherer Zeit errichtetes Pestkreuz zu sehen. Der hl. Rochus – der Pestheilige – ist zweiter Kirchenpatron von Kesselheim. Die im Mittel­alter begründete Koblenzer Pestprozession führte an der Stelle des Kreuzes vorbei nach Kesselheim und St. Sebastian.

In der Bitz

Der Flurteil liegt an der Gemarkungsgrenze gegen Bubenheim und Neuendorf. 1690: bey der bitzen; 1710: hinter der Bitzen in hiesiger Marck an Neuendorfer fohr.

Im Heckelchen

1773: im heckelgen

Manche Flurnamen weisen auf einen früher ziemlich umfangreichen Bestand an Hecken hin; die Amtsbeschreibungen von 1787 sagen darüber: daß in der Ebene hier und dort auch noch kleine Hecken in dem Flohr Abwechselung machen“.

Mehpudel

Um 1514 heißt das Flurstück ,,im Ellepoyll“; 1710: Im Mehpudel; 1775: „in dem Mehlputtel“. Die Belege zeigen, daß der heutige Name durch falsche Abtrennung des – m – entstanden ist. (i – m – Ellepoyl). Elle bedeutet soviel wie Erle; -poyl oder -pudel = feuchtes, tiefgelegenes Land. Tatsächlich weist das geologische Meßtischblatt auf einen früher durch diesen Distrikt führenden Rheinarm hin.

Oberm krummen Weg

Unterm krummen Weg

Der krumme Weg verläuft in einem weiten Bogen vom Trillbachs – zum Bubenheimer Weg. 1663 finden wir: „über den Krümmen Weg“; 1723: „hinder dem grummen Weg“.

 

Hinter Trillbachsheck

1708. „hinter Trolbachs hecken“.

Früher Hecken „hinter dem Trillbach“.