Rhein-Zeitung vom 08.08.2003

Geheim: Corus "kauft" Zementmahlwerk
Silo-Türme bleiben mindestens noch bis 2005 stehen - Vereinbarung von drei Seiten unterzeichnet

KOBLENZ. Erinnern Sie sich noch an die Schlagzeilen um das Zementmahlwerk in Wallersheim? Die Weltfirma Corus bangte um 1250 Arbeitsplätze, Niederwerth befürchtete weiße Erdbeeren, und in Koblenz befehdeten sich die Fraktionen. Schließlich wurden Gerichte angerufen. Vor einem Urteil kam es zu einem Vergleich, der jetzt bekannt wurde: Corus übernahm für viel Geld den Mietvertrag für das Zementmahlwerk. Und in nichtöffentlicher Ratssitzung wurde eine zwölf Punkte umfassende Vereinbarung zwischen Stadt, Corus und Stadtwerken unterzeichnet.

Der Staub hat sich noch nicht auf das Zementmahlwerk Wallersheim gelegt. Im Gegenteil. Zwar ist es "endgültig gestorben", so OB Eberhard Schulte-Wissermann, doch nicht nur die Bewohner von Kesselheim wollen wissen, wann die beiden hässlichen, großen Türme abgerissen werden.

Durch die in nichtöffentlicher Ratssitzung geschlossene Vereinbarung zwischen den Stadtwerken Koblenz, der Stadt Koblenz und Corus kommt wieder Bewegung in diese Frage. Schade nur, dass Gerhard Buddenbaum, Honorarkonsul und Vorsitzender der Geschäftsführung von Corus, sich so zugeknöpft gibt. Auf RZ-Anfrage gab er nur folgende Zeilen frei: "Dazu möchte ich derzeit keinen Kommentar abgeben. Wir sind sehr froh, eine außergerichtliche Lösung gefunden zu haben, die unsere hochwertige Produktion nicht gefährdet. Wir blicken frischer in die Zukunft." Dabei könnte er sich in der Öffentlichkeit als "Retter" feiern lassen: Immerhin hat Corus durch den "Kauf" des Zementmahlwerkes nicht nur 1250 Arbeitsplätze und das Werk gerettet, sondern auch die gesamte Umgebung des Rheinhafens "befriedet": Kein Dauerlärm, kein zusätzlicher Staub. Und auch Rat und Verwaltung können aufatmen: Auf sie kommen keine Regressforderungen zu.

Baudezernent Martin Prümm bestätigte auf RZ-Anfrage den "Deal" zwischen Corus und CEM sowie die in nichtöffentlicher Sitzung verabschiedete Vereinbarung. Und was wird aus den Silos, nachdem das Mahlwerk bereits abtransportiert wurde? "Die Firma Corus hat jetzt bis 2005 Zeit, einen Nachmieter für die Silos zu nennen, der allerdings ins Konzept passen muss. Ferner haben die Stadtwerke die Möglichkeit, Ja oder Nein zu diesem Nachmieter zu sagen. Konkret gesagt: Die Silos bleiben mindestens bis 2005 stehen."

Die jetzt bekannt gewordene Vereinbarung (sie liegt unserer Zeitung im Wortlaut vor) umfasst auf vier Seiten (einschließlich Unterschriften) neben der Präambel insgesamt 12 Punkte: Von "Aufhebung des Mietvertrages" über "Eigentum", "Silos", "Wendehammer" und "Zaun" bis zu den "Schlussbestimmungen".

Blicken wir noch einmal zurück: Die Stadtwerke hatten der Firma CEM (Cement Cob~lenz Gmbh & Co. KG, Weißenthurm) im Koblenzer Rheinhafen ein Hafengrundstück und eine Lagerhalle vermietet. Auf dem Grundstück wurde ein Zement- und ein Klinkersilo sowie Fundamente für das künftige Mühlengebäude zum geplanten Betrieb eines Zementmahlwerkes errichtet. Als das bekannt wurde, brach vor allem in Kesselheim und Niederwerth ein Proteststurm los. Die Bürger befürchteten erhebliche Staub~immissionen. Eine Bürgerinitiative gründete sich. Zwischen der Stadt, Corus und der CEM kam es zu heftigen Streitigkeiten, die auch politische Wellen schlugen. Die CEM warf schließlich der Stadt Untätigkeit vor, das Verwaltungsgericht stimmte der Klage weitgehend zu. Die Weltfirma Corus (Aluminiumwerk), die nur wenige Meter vom Hafen entfernt liegt, befürchtete Plattenproduktion beeinträchtigende Staub~immissionsbelastung und drohte damit, ihren Betriebssitz nach 38 Jahren zu schließen. Das wäre ein herber Verlust für Koblenz geworden.

Deshalb meldeten sich auch viele Menschen zu Wort, nahmen Partei für Corus: "Wo gibt es das? Ein paar neue Arbeitsplätze am Zementmahlwerk, aber 1250 in Gefahr. Das ist doch ein Unding!" Und auch zwischen der Stadt Koblenz und der Inselgemeinde Niederwerth flogen die Fetzen.

Bevor es zur Berufungsverhandlung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz kam, einigten sich die Parteien außergerichtlich: Corus übernahm den Mietvertrag von CEM, die Stadtwerke stimmten zu, eine zusätzliche Vereinbarung wurde geschlossen.